Interview mit Präsident Nico Kleofas

Sie sind wieder zurück. Am 4. Dezember im Spiel gegen Cottbus hat man Sie endlich wieder im Albert-Kuntz-Sportpark gesehen. Sind Sie vollständig genesen?

Sagen wir, ich bin wiederhergestellt. Natürlich muss der Körper erst wieder zu Kräften kommen. Ich mache viel Physiotherapie und Reha-Sport. Aber die Fans können beruhigt sein. Ich bin wieder da.

Was hatte Sie so aus der Bahn geworfen?

Ein doppelter Blinddarmdurchbruch, verbunden mit einer Sepsis. Es stand wirklich auf Messers Schneide. Der 17. September ist für mich wie ein zweiter Geburtstag. Nachdem ich mich selbst in die Notaufnahme eingeliefert hatte, lag ich zweieinhalb Wochen im künstlichen Koma. Danach musste ich quasi neu laufen lernen. Ich bin dem Team des Südharz-Klinikums und dem Chefarzt Dr. Gebhardt unendlich dankbar. Heute weiß ich, dass es nicht selbstverständlich war, wieder aufgewacht zu sein.

Konnten Sie während Ihres Krankenhausaufenthalts überhaupt noch Einfluss auf die Geschehnisse bei Wacker nehmen?

Nein, ich war im Grunde außer Gefecht gesetzt, auch noch eine Zeit nach den insgesamt acht Operationen. Um keine Folgeerkrankungen zu riskieren, stand ich unter einer Art Quarantäne. Jeder Stress hätte geschadet. In dieser Zeit haben Hans-Joachim Junker, Sven Pistorius und Matthias Geidel richtig gute Arbeit bei Wacker gemacht.

Einschließlich einer Trainerentlassung.

Wir hatten dieses Szenario vorher durchgespielt. Als wir Joe Albersinger nach Nordhausen geholt haben, einen exzellenten Trainer im Nachwuchsbereich, war uns bewusst, dass es mit seiner ersten Männermannschaft klappen kann oder nicht. Am Ende hat es leider nicht funktioniert.

Sie gelten als Heißsporn. Sind Sie nun etwas ruhiger geworden?

Wenn man mit einem Fuß auf der anderen Seite gestanden hat, sieht man die Welt schon mit anderen Augen. Andererseits hat mir mein Ehrgeiz vielleicht auch durch diese Zeit geholfen. Es hat keinen Sinn, jetzt in Lethargie zu verfallen.

Wie bewerten Sie die aktuelle sportliche Situation bei Wacker?

Kurioserweise ging es Wacker so schlecht, als es auch mir schlecht ging. Die Mannschaft lief ihren eigenen Ansprüchen hinterher. Manche Spieler zeigten sich wohl auch beeindruckt von meiner Erkrankung. Ich bin und war immer sehr nah an der Mannschaft dran. Mit vielen Spielern bin ich sehr eng befreundet. Noch ist viel drin für diese Saison, der elfte Tabellenplatz ist nicht unerträglich, aber natürlich nicht okay. Auch stehen wir noch im Pokalhalbfinale. Die Mannschaft hat aus meiner Sicht ein enormes Potenzial. Das muss nun geweckt werden.

Wünschten Sie sich manchmal Jörg Goslar als Trainer zurück?

Jörg Goslar hat zweifellos in Nordhausen Spuren hinterlassen, war sportlich ein Gewinn. Aber sein Verhalten gegenüber Spielern und Präsidium war letztlich nicht mehr akzeptabel. Daher war es kein Fehler, sich von ihm zu trennen.

Was hat Maurizio Gaudino als Sportdirektor für Nordhausen gebracht?

Maurizio war völlig neu in Nordhausen und nicht einmal 100 Tage im Amt, als ich ausfiel. Das war schwierig für ihn. Ihn trifft keine Schuld an der sportlichen Misere. Und zaubern kann er auch nicht. Er wird mit uns einen Masterplan für die kommenden Monate und Jahre entwickeln. Das braucht etwas Zeit. Da bitte ich auch die Fans um Verständnis und Geduld.

Sie halten also an ihm fest?

Ja, jetzt haben wir wieder die nötige Ruhe, um am Konzept zu arbeiten. In diesem Jahr haben wir uns neu aufgestellt und uns zwei Jahre Zeit für den Umbau gegeben.

Gaudino meinte kürzlich, wenn Sie zurück seien, werde es auch personelle Entscheidungen geben.

Bis 31. Dezember bleibt alles wie es ist. Am 3. Januar fangen wir wieder mit einem Laktattest an, dann wollen wir unsere sportlichen Ziele für die Saison ordnen. Ich möchte ganz offene Gespräche führen. Die Spieler haben etwas gut zu machen. Wir haben vier Wochen Zeit, uns zu entscheiden, wie wir den Kader entwickeln. Ich tendiere dazu, ihn etwas zu verkleinern. Es ist alles in allem nicht ausgeschlossen, dass in den ersten zwei Januarwochen Entscheidungen fallen.

Viele teilen Ihre Ansicht, dass der Kader zu groß ist.

Naja, man muss aber auch sehen, dass wir eine funktionierende U23-Mannschaft und gute A-Junioren haben. Andere Mannschaften in der Regionalliga oder sogar in der 3. Liga stehen nicht viel besser da als wir, haben aber nicht einmal mehr eine zweite Mannschaft oder zumindest keine sehr erfolgreiche. Dieser große und junge Kader ist deshalb schon gewollt.

In der vergangenen Saison verpassten die A-Junioren aber den Sprung in die Regionalliga. Wie sehen die Ziele aus?

Wir wollen die A-Junioren in die Regionalliga hochholen. Durch den eben erwähnten Kader haben die Jungs optimale Trainingsmöglichkeiten. Es gibt immer zwei Mannschaften, die gegeneinander spielen können.

Die zweite Mannschaft, die U23, ist wieder Tabellenführer in der Thüringenliga. Peilen Sie im dritten Jahr der Ligazugehörigkeit den Aufstieg in die Oberliga an?

Nein, ein Aufstieg steht nicht zur Debatte. Die Oberliga ist momentan nicht sehr attraktiv.

Mit Zafer Yelen wurde im Sommer ein drittligaerfahrener Spieler verpflichtet. Viele Fans freuten sich auf den Mittelfeldakteur. Gespielt hat er kaum, warum?

Zafer Yelen ist bis Jahresende vom Spielbetrieb freigestellt, aus disziplinarischen Gründen. Es gibt Regeln, wie man sich verhalten muss. Die muss jeder einhalten. Er ist ohne Zweifel einer der besten Spieler, deshalb haben wir ihn geholt. Im Januar werden wir entscheiden, wie es weitergeht.

Eine Personalie sprachen Sie noch nicht an: Planen Sie weiter mit Trainer Piplica? Er ist noch Interimstrainer.

Ja, er hat seine Sache gut gemacht. Aber auch hier müssen wir in aller Offenheit die Frage stellen, ob er die Mannschaft weiterentwickeln kann und will. Erst dann wird entschieden.

Was ist aus der Idee geworden, in Nordhausen ein Nachwuchs-Leistungszentrum zu etablieren?

Diese Idee besteht weiter. Momentan sind wir aber mit zwölf Mannschaften räumlich sehr beengt. Wir müssen erst einmal für alle die Trainingsmöglichkeiten schaffen, die sie verdient haben. Noch einmal: Die erste Mannschaft ist wichtig, aber wir arbeiten über den Nachwuchs. Der ist nach unserer Philosophie der Garant eines Erfolges.

Apropos Erfolg. Anders als in den Vorjahren steht Wacker zur Winterpause auf Tabellenplatz 11. Wie lautet nun das Saisonziel?

Platz 11 ist natürlich nicht akzeptabel und kein schönes Geschenk unter dem Weihnachtsbaum. Nur in meiner ersten Saison standen wir schon einmal schlechter da. Damals haben wir in der Winterpause das richtige Mittel gefunden, die Misere zu beenden. Platz 3 bis 5 ist unser klares Ziel und auch noch gut machbar. Die Teams liegen alle noch eng beieinander. Und wir wollen das Pokalhalbfinale gewinnen. Als Gegner stehen noch Erfurt, Meuselwitz und Weimar zur Verfügung. Ich möchte am liebsten gleich Erfurt haben. Wenn wir den Pokal wollen, müssen wir gegen die sowieso gewinnen. Und das eben am besten im eigenen Sportpark. Das wäre beim Halbfinale der Fall.

Ist das Projekt 3. Liga inzwischen begraben?

Nein, natürlich nicht. Aber wir müssen sagen: Mit der jetzigen Infrastruktur ist die Regionalliga wohl das Maß der Dinge. Ändert sich dies, ist mehr möglich. Davon bin ich überzeugt. Wir gehen deshalb den Weg weiter. Ob der Aufstieg nun nächste Saison gelingt, ich kann es nicht beantworten. Unsere Aufgabe ist, sportlich weiter zu überzeugen, um der Politik und der Region zu zeigen: Es ist wert, in die Infrastruktur zu investieren.

Nächstes Jahr wird der Hartplatz umgebaut, in einen Hybridplatz. Das steht fest im Haushalt der Stadt Nordhausen. Hindert dies einen möglichen Neubau des Stadions?

Nein, das steht anderen Plänen nicht im Wege. Es ist gut, dass es nun vorangeht. Für die Jahre 2018/19 ist eine Sanierung des Albert-Kuntz-Sportparks im Gespräch. Wir werden nicht lockerlassen, an die nötigen Fördermittel heranzukommen. Wenn andere Städte das können, können wir es doch auch (grinst). Was auch passiert, der Sportpark wird anderen Vereinen weiter offen stehen. Das gilt für den Hybridrasen, aber auch für ein saniertes Stadion. Ich werde es nicht für die 1. Mannschaft zuschließen.

Noch ist die Flutlichtanlage nur mobil. Sie werden sie aber weiter benötigen.

Ja, zumal sich die Anlage wirklich ausgezahlt hat. Freitagsabends ziehen wir so viel Publikum wie sonst nie. Dank der Flutlichtspiele konnten wir die Gesamtbesucherzahlen steigern. Die Stadt will die Flutlichtanlage daher kaufen. Auch bei einem Neubau wäre sie weiter nutzbar. Auf dem künftigen Hybridplatz gibt es bereits ein Flutlicht, das noch funktioniert.

Wie müsste es dann weitergehen mit der Sanierung?

Die sanitären Einrichtungen stehen ganz oben auf der Liste. Wenn wir gegen Cottbus oder Berlin spielen und die Fans auf ein Dixieklo müssen, ist das doch ein verheerendes Bild für un-sere Stadt. Auch das heimische Publikum hat bessere Bedingungen verdient. Das Funktionsgebäude muss dringend saniert werden.

Sind Sie denn zufrieden mit der Entwicklung der Fanszene?

Wie gesagt, wir haben mehr Zuspruch. Und der Online-Fanshop hat sich richtig gut entwickelt.

All dies klingt nicht danach, als würden Sie nach dem gesundheitlichen Warnschuss ihr Präsidentenamt bald abgeben wollen.

Natürlich ist die Gesundheit das Wichtigste. Aber ich habe hier noch ein paar Aufgaben zu erledigen (grinst).

Eine Videobotschaft von Nico Kleofas finden Sie hier:

www.ta-nordhausen.de

Foto: Bernd Peter