Florian Beil im Gespräch vorm Derby

“Derbys versprechen Brisanz, viel Kampf und Giftigkeit”

  “Derbys versprechen Brisanz, viel Kampf und Giftigkeit”

Nach dem Derby ist vor dem Derby: Damit ist nicht etwa Erfurt gemeint, sondern Halberstadt. Das Harzderby steigt am 3. Oktober (13:30 Uhr) im Albert-Kuntz-Sportpark. Ein Spieler des aktuellen Kaders des Fußball-Regionalligisten FSV Wacker 90 Nordhausen fiebert diesem Spiel vielleicht etwas mehr entgegen. Mittelstürmer Florian Beil schoss in der abgelaufenen Saison noch für den VfB Germania Halberstadt die Tore. Im Interview mit Sandra Arm spricht der 29-Jährige über das besondere Duell, seine Maske und seine Zukunft.

 

Herr Beil, Das erste Derby gegen Erfurt ist Geschichte. Und nun wartet schon das nächste. Es geht gegen Halberstadt, ihren Ex-Verein. Welche Bedeutung hat für Sie diese Begegnung?

Erstmal zum Derbycharakter: Das große Derby ist es jetzt nicht. Von beiden Seiten sagt man zwar, es spielt der Nord- gegen den Südharz, aber von den Massen werden jetzt nicht so die Menschen bewegt wie zuletzt gegen Erfurt, wo viel mehr Brisanz drinlag. So ist es vielleicht die Vormachtstellung im Harz, die man durch das Spiel klarstellen kann. Für mich ist es natürlich ein besonderes Spiel, als gebürtiger Halberstädter gegen meine Heimstadt zu spielen. Es wird was Schönes. Ich freue mich auf das Spiel.

Was macht den Reiz dieser Spiele für Sie aus?

Das hat man gegen Erfurt schon gesehen. Es ist ein Fight, es wird einem nichts geschenkt und es wird mit allen möglichen Mitteln gekämpft. In solchen Spielen ist Brisanz drin, Giftigkeit und jeder Zentimeter wird bearbeitet. Das ist aber in jedem Spiel so, denn jede Mannschaft will uns stürzen und niederkämpfen.

Was erwartet Sie für einen Gegner?

Die Mannschaft wird sehr motiviert sein. Sie werden einen guten Fight abliefern, weil Halberstadt so ein bisschen mit dem Rücken zur Wand steht. Sie sind nicht gut in die Saison gestartet. Das Auftaktprogramm war schon sehr, sehr schwer. Aber durch die zuletzt erzielten Siege gegen Bautzen (3:0) und Lok Leipzig (1:0), befindet sich die Mannschaft im Aufwind. 

Angenommen Sie schießen gegen ihren alten Verein ein Tor. Wie fällt Ihr Jubel aus?

Ganz demütig. Ich werde keinen großen „Tanz“ machen.

Besteht noch Kontakt zu alten Weggefährten aus Halberstadt?  

Zum Trainer habe ich ab und zu Kontakt gehabt. Wir sind ein Jahrgang und mit ihm habe ich damals noch zusammengespielt. Mit einigen Leuten wie Philipp Blume und Marcel Goslar schreibt man sich gelegentlich mal.

Ist es ein Vorteil, wenn man die Regionalliga Nordost kennt?

Absolut. Das war ja meist das Problem in Nordhausen, das Spieler geholt worden sind, die die Regionalliga nicht kannten. Und jetzt haben wir viele Spieler, die die Liga kennen und vor allem auch annehmen. Das ist gut für uns – und für die Qualität der Mannschaft.

Sie kennt man eigentlich nur als “Maskenmann”. Wie ist es dazu gekommen?

Es ist vor vier Wochen im internen Testspiel der U23/A-Jugend passiert. Ich bekam Ende der ersten Halbzeit einen Ellenbogen an die Nase. Glücklicherweise musste nichts operiert werden. Es war soweit alles gerade. Aus Sicherheit habe ich mir die Maske anfertigen lassen. Es wurde dafür ein Gipsabdruck angefertigt. Dafür war ich einen Tag in Jena und konnte sie am nachfolgenden Tag gleich abholen. 

Wie lange müssen Sie die Maske noch tragen?

Es wurde gesagt, zwei bis drei Wochen. Im Spiel gegen Erfurt habe ich die Maske noch getragen. Danach habe ich sie nicht mehr aufgesetzt. Außer vielleicht ich hätte im Derby gegen Erfurt getroffen, dann hätte ich aus Aberglaube die Maske weitergetragen. Wie zuletzt beim BFC Dynamo, wo ich mit Maske ein Kopfballtor erzielt habe. Jetzt fühlt sich aber alles gut an und die Maske kann weg.

War das Ihre erste Maske?

Nein, meine Nase habe ich mir zuvor schon vier Mal gebrochen, die ist eigentlich morsch. Selbst mit Maske habe ich schon einiges einstecken müssen. 

Sie haben sich nach vier Jahren Halberstadt im Sommer für einen Wechsel nach Nordhausen entschieden. Was gab den Ausschlag dafür?

Aufgrund meiner guten Saison in Halberstadt habe ich natürlich Begehrlichkeiten geweckt. Ich wollte noch mal um den Aufstieg spielen, was in Nordhausen mit dem Kader gegeben ist. Der Aufstieg ist das Ziel, dabei will ich mit anpacken. In Halberstadt war es zuletzt so, dass wir meist um den Klassenerhalt gespielt haben. 

Haben Sie sich in Nordhausen angeboten oder ist der Verein auf Sie zugekommen?

 

Beides. Der Trainer (Volkan Uluc) wusste nicht, dass ich auch bereit für einen Wechsel wäre. Daraufhin ist der Kontakt über meinen Berater mit ihm zustandegekommen. Und dann haben wir uns getroffen – und es hat gepasst.

Sie wurden angekündigt als der 17-Tore-Mann. Das weckt natürlich Erwartungen, die man an Sie hat. In ihrem ersten Jahr in Halberstadt brauchten Sie auch etwas Anlaufzeit, um sich in den Folgejahren an die Spitze zu schießen.

Ich wurde im zweiten Jahr in Halberstadt als rechter Verteidiger und zentraler Mittelfeldspieler eingesetzt, bin viel auf dem Platz rotiert und habe im Endeffekt nicht auf meiner Lieblingsposition als Stürmer gespielt. Die letzten zwei Jahre bei Halberstadt, sowohl Oberliga und anschließend Regionalliga, habe ich meine Tore geschossen. In der Oberliga waren es 15 Treffer/10 Vorlagen, im vergangenen Jahr in der Regionalliga waren es 17 sowie 16 Vorlagen. Das ist schon sehr ordentlich. Diese Leistung will man natürlich bestätigen. Im Moment ist es noch nicht so, wie ich es mir vorstelle. 

In Nordhausen beackern Sie die rechte Flügelseite. Nah an ihrer Lieblingsposition.

Ich fühle ich mich als Stürmer am wohlsten. In Halberstadt habe ich auf dieser Position die Quote erreicht. Aber ich nehme die neue Position an, versuche für das Team zu arbeiten und die Hauptsache ist, wir gewinnen die Spiele. In dem Moment ist es egal, wer die Tore schießt.

Ein Tor ist bereits auf der Habenseite vermerkt.

 Ja, es hätten durchaus schon eins, zwei mehr sein können. Gerade der Lattentreffer beim BFC hat mich sehr geärgert. Das war eine 100-Prozentige, die uns die wichtigen drei Punkte gesichert hätte.

Wer hat bei Ihnen die Fußball-Leidenschaft geweckt?

Das war ganz komisch. Ich war vier Jahre, wir waren zusammen mit Freunden meiner Eltern im Urlaub in Bulgarien. Einer dieser Freunde meinte, dass mich meine Eltern unbedingt zum Fußball schicken müssen. Im Kindergarten habe ich auch schon fleißig gekickt und bin dann mit fünf Jahren in den Verein gegangen. Seitdem gab es nur noch Fußball. Ich habe es geschafft, damit Geld zu verdienen. Zwar nicht auf dem Topniveau, wie man es sich erträumt hat, aber so ist das Geschäft. Von zehn Spielern schafft es vielleicht einer.

Mit 29 Jahren braucht man sich aber keine Illusionen mehr zu machen.

Nein, ich habe frühzeitig die Weichen für ein zweites Standbein gestellt. Ich habe mein Sportmanagement-Studium im Frühjahr diesen Jahres abgeschlossen. Darüber bin ich sehr glücklich, dass ich mich dafür entschieden habe. Wenngleich ich es hätte auch schon früher machen können. Als Fußballer hat man viel Zeit und diese sollte man einfach sinnvoll nutzen. Einige meiner Kommilitonen haben nebenbei noch acht Stunden gearbeitet. Mit denen wollte ich nicht tauschen.

Was könnten Sie sich nach Ihrer aktiven Karriere vorstellen?

Ich bin und war schon immer sportaffin. Deshalb habe ich Sportmanagement studiert. Ich möchte gern in der Branche – im Verein, im Verband – bleiben. Marketing, Sponsoring, Vereinswesen, Dinge zu entwickeln und aufzubauen sowie Projekte anzukurbeln reizen mich sehr. Das hat mir in der Theorie und in einigen praktischen Teilen schon sehr großen Spaß gemacht.

Bei Wacker tragen Sie die Rückennummer 24. Hat diese für Sie eine besondere Bedeutung?

Es waren ein paar Nummern übrig. Ich habe mich dann für die 24 entschieden. Sie sieht einfach schön aus. Meine Lieblingsnummer ist die 18, die trägt aber Pichi (Nils Pichinot). Freiwillig wird er sie aber nicht abgeben. (lacht)

Wo sehen Sie ihr Stärken, wo ihre Schwächen?

Im Torabschluss habe ich meine Stärken. Das habe ich in den vergangenen Jahren auch bewiesen. Ich bin immer für das Team da und gebe Vollgas. Es gibt immer Kleinigkeiten, die man verbessern kann. Sei es ein paar Abläufe in engen Situationen oder taktische Sachen. Ich hätte schon gern ein bisschen mehr Sprintschnelligkeit. Aber ich bin jetzt in einem Alter, wo es schwierig wird, diese noch stark zu verbessern. Durch Kraft- und Technikübungen können noch ein paar Prozent – vor allem in der Antrittsschnelligkeit – herausgekitzelt werden.

Sie sind doch erst 29.

Die Mega-Schnelligkeit werde ich nicht mehr erreichen. Die Handlungs-Schnelligkeit habe ich in gewissen Situationen aber dafür.

Sie haben zwei Kinder. Das Jüngste, ein Mädchen, ist im April geboren. Sie haben aber noch einen Sohn.

Ja, er ist acht Jahre alt, spielt in der E-Jugend von Wacker und ist mit mir im Heimspiel gegen Erfurt eingelaufen. Er ist genauso fußballverrückt. Er konnte kaum Laufen, da hat er schon gegen den Ball gekickt. Das hat er schon von mir. Zudem ist er auch Stürmer, teils wird er auch im Mittelfeld eingesetzt. Er ist ein Linksfuß. Das finde ich persönlich sehr gut, weil Linksfüßer werden immer gesucht. Mal schauen, ob er die Ausdauer hat, solange Fußball zu spielen wie ich. Aber ich zwinge ihn zu gar nichts. (lacht)

Sie spielen bei den Männern, Ihr Sohn in der E-Jugend. Haben Sie Zeit, sich ihn mal in Aktion anzuschauen?

Ja klar, ich versuche, wenn möglichst immer dabei zu sein. Meistens passt es ganz gut von den Trainings- und Spielzeiten. Ich konnte schon einige Spiele meines Sohnes beobachten.