Wacker-Trainer Tomislav Piplica im Gespräch

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13.10.2016

Wacker-Trainer Tomislav Piplica im Gespräch


„Wir machen das in Nordhausen auch für unsere Kinder, und dafür, dass es später noch einen Fußballverein hier gibt.“

Herr Piplica, Sie sind das zweite Jahr in Nordhausen. Wie kam es zu diesem Engagement?

Eigentlich bin ich erst seit Sommer fest angestellt. Vorher pendelte ich von meinem Wohnort Leipzig aus und war an 3 Wochentagen zum Torwarttraining in Nordhausen. Von Leipzig aus habe ich auch in Cottbus und Eilenburg gearbeitet und war in Jena Torwarttrainer. Dort habe ich auch Tino Berbig betreut und über ihn kam der Kontakt nach Nordhausen zustande.

Und wie gefällt es Ihnen nun hier?

Ich bin sehr zufrieden. Der Verein und die Region haben großes Potential. Ich vergleiche das immer mit Cottbus damals, da hat auch niemand damit gerechnet, dass die einmal in der Bundesliga spielen. Das Konzept und die Pläne des Präsidenten Nico Kleofas haben mich einfach überzeugt.

Was gefällt Ihnen nicht im AKS?

Wir brauchen mehr und bessere Trainingsplätze. Im Sommer ist das noch erträglich, aber im Winter drängt sich alles auf dem kleinen Kunstrasenplatz. Ich bin überzeugt davon, dass auch der Leistungsabfall unserer Mannschaften in den letzten Spielzeiten mit den eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten zusammenhängt. Auf Kunstrasen lässt sich nicht so effektiv trainieren. Leider sieht es nicht so aus, als würde der angekündigte neue Trainingsplatz im November bespielbar sein.

Sind Sie mit Ihrem Einstand als Cheftrainer zufrieden?

Wenn ich sehe, wie die Zuschauer unser unglückliches Remis gegen Meuselwitz honoriert haben, bin ich schon zufrieden. Das Engagement und der Einsatz haben wieder gestimmt. Und Auerbach war der zweite Schritt. Wir haben gut gespielt und souverän gewonnen. Das ist ein guter Weg, den wir beschreiten. Die Mannschaft muss wieder stark gemacht und die individuellen Qualitäten der einzelnen Spieler integriert werden.

Wie haben die Spieler auf den Trainerwechsel reagiert?

Jeder der mich kennt weiß, dass ich mich voll einbringe. Schon als Torwarttrainer konnte ich viel bewegen im Verein. Ich versuche immer, gute Stimmung zu verbreiten und habe den Jungs klar gemacht, dass wir nur gemeinsam aus der Krise kommen können. Ich habe ihnen gesagt, wir müssen den Leuten zeigen, dass wir hier nicht nur Geld verdienen wollen, sondern auch kämpfen können. Dann kommen auch die Zuschauer gern wieder.

Als Spieler in der Bundesliga haben Sie manchmal spontan extreme Entscheidungen getroffen. Sind auch vom Trainer Piplica überraschende Entscheidungen zu erwarten?

Es gibt Momente im Sport, da muss man eben spontan reagieren. Wie genau, weiß man manchmal selbst nicht vorher. Aber davon lebt ja der Sport und besonders der Fußball.

Haben Sie eine Devise oder ein Leitmotto für Ihre Trainerarbeit?

Immer alles investieren, was möglich ist. Immer Vollgas geben, dann kommt auch der Erfolg. Für mich ist es ein Geschenk des Himmels, diese Arbeit tun zu dürfen. Deshalb muss ich Respekt zeigen und immer alles geben.

Beobachter hatten den Eindruck, dass die Spieler seit dem Meuselwitz-Spiel engagierter und energischer zur Sache gehen. Was hat ihnen der Trainer Piplica gesagt?

Dass wir aggressiver spielen müssen, mehr ins Vorchecking gehen. Wir trainieren intensiv und wissen um die schwierige Situation. Dreimal hintereinander zu verlieren ist hart und dazu kommt die Krankheit des Präsidenten, der hier so viel geschaffen hat. Ich habe den Jungs gesagt, dass es die beste Medizin für ihn ist, wenn er weiß, dass wir gewinnen.

Wo möchten Sie mit Wacker zur Winterpause stehen?

Ich setze mir die Ziele von Spiel zu Spiel. Es geht darum, die Mannschaft so gut vorzubereiten, dass wir wieder in Ruhe spielen können und nicht so unter Druck stehen wie derzeit. Wenn wir erfolgreich agieren, spielen wir auch wieder besser. Natürlich wollen wir so weit oben stehen wie nur irgend möglich.

Sie haben zwölf Jahre für Energie Cottbus gespielt und waren später als U23-Coach dort beschäftigt. Wie erklären Sie sich diesen Absturz in den letzten Jahren?

Die Entwicklung in Cottbus beweist, dass Geld allein nichts bewirkt. Als ich damals noch dort spielte, erreichten wir ganz viel über einen ausgeprägten Mannschaftsgeist. Das waren alles junge, hungrige Spieler aus dem Ostblock, die sich entwickeln und Erfolg haben wollten. Es braucht immer Leute mit Charakter in der Mannschaft, die dann auch noch gut zusammen passen. Da haperte es wohl in Cottbus in der letzten Zeit. Die holten einfach nur neue Spieler, die für Geld aufgelaufen sind. Es ist bitter den Abstieg mit anzusehen, wenn man weiß, mit welchem Etat Energie in der letzten Saison gearbeitet hat.

In der Regionalliga wollen perspektivisch viele Vereine aufsteigen. Was ist alles notwendig, um das wirklich zu erreichen?

Es braucht ein gutes Projekt, gute Spieler und natürlich zahlungskräftige Sponsoren. Der Teamgeist muss stimmen und es müssen Spieler gefunden werden, die alles für den Verein geben wollen und sich zerreissen. Und wer ganz oben dabei sein will in dieser starken Liga, der muss auch in die Infrastruktur des ganzen Vereins investieren und nicht nur in die 1. Mannschaft.

Wie weit ist der FSV Wacker 90 auf diesem Weg? Was muss aus Ihrer Sicht noch passieren?

Wir sind auf einem guten Weg. Und wir müssen an unsere Wünsche glauben. Dieser Glaube kommt jedoch nicht von allein und wir müssen immer wieder für diese Vision kämpfen. Nicht nur die Mannschaft, der ganze Verein muss dahinter stehen. Die Zuschauer und Fans müssen dahinterstehen. Die Leute müssen immer wieder heiß gemacht werden, damit sie auch in schwierigen Situationen für den Verein da sind, sich identifizieren. Und die Jungs auf dem Platz müssen für Wacker alles raushauen, was sie haben. Argumente müssen gebracht und gemeinsame Lösungen mit Politik und Gesellschaft gefunden werden. Wir machen das in Nordhausen auch für unsere Kinder, und dafür, dass es später noch einen Fußballverein hier gibt. Es muss positiv über unseren FSV gesprochen werden.

Bei wieviel Prozent ausgeschöpftem Leistungsvermögen sehen Sie Ihr Team heute

Ach, das will ich nicht an Prozentsätzen festmachen. Es ist auch unterschiedlich: manchmal reichen 80% und manchmal sind 100% zu wenig, um zu gewinnen. Wir haben jedenfalls noch Luft nach oben.

Am letzten Spieltag haben Sie zwei Punkte aufgeholt gegen Jena – wird das in dieser Saison noch mal interessant für Wacker?

Ja, natürlich. Wir haben auch noch zwei Spiele gegen Jena. Und die werden auch so mal wieder verlieren. Sie haben den Vorteil, dass sie eine eingespielte Truppe haben. Aber ich bin immer optimistisch. Wichtig ist, was noch passiert, nicht was war oder jetzt gerade ist. Wir müssen immer kämpfen und alles geben. Dann machen wir es jedem Gegner schwer.

In NDH wird der Umbau des AKS heftig diskutiert. Was wünscht sich die Mannschaft?

Die Mannschaft wünscht sich zuerst einmal bessere Trainingsplätze und einen besseren Hauptplatz im Stadion. Ein neues Stadion wäre wichtig für die Stadt, aber auch für den Verein, weil er mit einem modernen, auf hohem Standard ausgerüstetem Stadion auch andere gute Spieler für Wacker begeistern könnte. Die Infrastruktur muss heutzutage stimmen. Ist mehr Komfort im Stadion, dann kommen auch mehr Besucher, da fährt die Familie von außerhalb am Wochenende mal ins schmucke Stadion nach Nordhausen, um sich mit vielen Gleichgesinnten ein tolles Spiel anzuschauen. Und so wichtig wie das Stadion für Wacker ist, so wichtig ist Wacker für die Stadt als Aushängeschild.